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Wichtige Hinweise

GrandOrgue - Digital-Orgel (auch) mit Betriebssytem Linux

Einleitung

Eine Orgel für jedermann - das ist ein Traum für die Musikbegeisterten und vielleicht gleichzeitig ein Alptraum für eingefleischte Kirchen-Musiker. Eine traditionelle Kirchenorgel ist einfach ein majestätisches Kunstwerk - und so klingt sie auch. Von der Idee her sind Orgeln Vorläufer der modernen Synthesizer. Eine Orgel klingt wahlweise wie eine Flöte, eine Trompete oder auch wie die menschliche Stimme. Große Orgeln verfügen über eine Vielzahl von unterschiedlichen Registern – so der Fachbegriff – und fast immer werden mehrere Register gleichzeitig gespielt. Eine Orgel klingt eindrucksvoll, gewaltig, unvorstellbar vielfältig.

Kirchenorgeln klassischer Bauart, also Pfeifenorgeln, sind sehr teuer; das gilt für die Anschaffung wie für die Unterhaltung, denn bauartbedingt müssen sie in relativ kurzen Intervallen gestimmt und gewartet werden. Deshalb steht in manch kleineren Kirche oder Kapelle längst statt einer echten Pfeifenorgel eine elektronische Orgel, also ein Synthesizer mit den für eine Orgel typischen Registern, also Klängen. In der Regel verfügen diese elektronischen Orgeln wie die klassischen Pfeifenorgeln über ein großes Fußpedal, also eine zusätzliche Klaviatur, die mit den Füßen gespielt wird. Auch in früheren Zeiten stand übrigens nicht in jeder kleinen Kirche oder Kapelle eine echte Pfeifenorgel. Oft ersetzte ein Harmonium, das im Hinblick auf die Tonerzeugung mit Mundharmonika und Akkordeon verwandt ist und mit den Füßen „angetrieben“ wird, die ungleich teurere und aufwendigere Orgel.

Bildete bis vor wenigen Jahren analoge Elektronik das Herz elektronischer Orgeln, so ist inzwischen auch in diesem Bereich die Digitaltechnik unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Der weltberühmte Starorganist Cameron Carpenter führt bei seinen Konzertreisen eine eigens für ihn konzipierte Digitalorgel mit, auf der er in den Konzertsälen der Welt brilliert.1)

Die eigene Digitalorgel - Hardware

Der Gedanke an die Orgel für jedermann liegt nahe: Mit geeigneter Software bildet der heimische Computer das Herzstück dieses Instruments, das einfach zerlegbar, deshalb leicht transportierbar und überdies auch noch relativ preiswert ist. Das Programm GrandOrgue, große Orgel, ist für Windows, Mac und Linux verfügbar und für diesen Zweck gemacht; es ist OpenSource, also kostenlos erhältlich und soll hier vorgestellt werden.

Damit ein Computer sich als Keyboard oder Digitalorgel nutzen lässt, braucht man neben geeigneter Software ein MIDI-fähiges Keyboard oder besser noch, damit echtes Orgel-Feeling aufkommt, mehrere Keyboards und ein Orgel-Fußpedal.

Infrage kommen dafür viele der marktgängigen Keyboards und Stage-Pianos, denn vor allem in den höheren Preisklassen sind diese regelmäßig mit einem MIDI-Out-Eingang2) versehen3. Allerdings handelt es sich dabei oft um einen klassische MIDI-Anschluss, der als DIN-Buchse mit fünf Pins ausgeführt ist. Solche Anschlüsse fehlen normalerweise bei modernen Computern, es sei denn, der Computer ist mit einer speziellen Soundkarte ausgestattet. USB-MIDI-Adapter, die im Elektronik-Fachhandel für wenig Geld zu erstehen sind, helfen da weiter.

Einfacher und vor allem viel preiswerten geht es mit sogenannten MIDI-Keyboards, denen ein Verstärker ebenso fehlt wie Lautsprecher. Töne können sie selbst nicht erzeugen; statt dessen setzen sie die Anschläge auf dem Keyboard in MIDI-Signale um, die von einem Synthesizer, einem Stage-Piano oder einem Computer in hörbare Musik verwandelt werden. Anders als beim Klavierspiel spielt beim Orgelspiel die Anschlagdynamik der Tasten keine Rolle; eine Orgel reagiert im Klang nicht auf die Stärke, mit der die Tasten angeschlagen werden. Bei der Zusammenstellung einer Digitalorgel für Anfängerzwecke reichen deshalb preiswerte MIDI-Keyboards aus. Solche MIDI-Keyboards sind aus verständlichen Gründen in vielen Fällen deutlich preiswerter als Geräte mit Audio-Ausgabe und verfügen zudem fast immer über einen MIDI-USB-Anschluss, den man einfach mit einem USB-Anschluss des Computers verbinden kann.

Jetzt fehlt noch das Orgel-Fußpedal. Wer darauf verzichten mag, kann äußerst preiswert an sein Traum-Instrument kommen. Auch in mancher kleineren Kirche steht oft eine kleine Orgel oder ein Harmonium ohne Fußpedal. Allerdings gehört zum „richtigen“ Orgelspiel das Fußpedal einfach dazu; eine Orgel ohne Fußpedal ist eben doch nur ein Keyboard.

Alles MIDI

Der Charme von MIDI besteht darin, dass Musik nicht in Form von Audio-Daten übertragen wird. Vielmehr wird letztlich die Partitur von einem Gerät zum anderen verschoben, sei es von einer Datei zum MIDI-Player oder von einer Klavier-Tastatur zum Synthesizer. In der MIDI-Datei sind für jede Stimme unter anderem die Noten (c, d, e, ...), die Notenwerte (Ganze, Halbe, ...) und das Instrument gespeichert. Entsprechende Editoren können leicht aus der maschinenlesbaren MIDI-Partitur eine ganz normale, für Menschen lesbare Partitur mit klassischen Musiknoten machen - und umgekehrt.

Dank MIDI lässt sich die Bedienoberfläche, also etwa die Klaviatur, eines Instruments problemlos von der Klangerzeugung trennen und verschiedene Bedienoberflächen können einen Synthesizer als Klangerzeuger nutzen. Bei guten Digitalorgeln werden die Einzeltöne nicht von einem Synthesizer erzeugt, sondern sind vorher mit Mikrofonen als Samples von einer richtigen Orgel abgenommen worden. Die Herstellung wirklich guter, realistisch klingender Samples ist die eigentliche Herausforderung, wenn es um Digitalorgeln geht. Im Internet gibt es, teils kostenlos, teils kostenpflichtig, eine ganze Reihe von Sample-Sets echter Pfeifenorgeln, die sich mit der Software GrandOrgue nutzen lassen.

Los geht‘s - eben doch nicht sofort

Da steht sie also, die eigene Digitalorgel. Bei mir bestand sie zuerst aus einem MIDI-Keyboard, einem Stage-Piano mit MIDI-Anschluss, einem MIDI-Fußpedal und einem in die Jahre gekommenen Netbook mit Dual-Core-Intel-Atom-Prozessor N2600 und 2 GB RAM. Mit dazu gehören auch ein ebenso großer wie flexibler Keyboard-Ständer, zwei relativ kräftige Aktiv-Boxen, zwei USB-MIDI-Adapter und vor allem jede Menge Kabel.

Notwendige Grundkonfiguration

Unter Linux – getestet habe ich mit Xubuntu 16.04 und Debian Stretch4) – wird ein installierter JACK-Audio-Server benötigt, damit GrandOrgue funktioniert. Nach dem Start von GrandOrgue kann man die Tasten der im Programmfenster sichtbaren Keyboards durch Anklicken mit der Maus herunterdrücken und mit dem nächsten Klick auch wieder loslassen. Wenn jetzt ein paar Register – am besten über die Preset Generals – gezogen werden, sollte ein Orgelton zu hören und die erste Hürde bewältigt sein.

Dann müssen, und das ist wohl der schwierigste Schritt, die einzelnen Hardware-Klaviaturen den Keyboards, die das Programmfenster zeigt, zugeordnet werden. Wird die Maus über der jeweiligen Keyboard- oder Fußpedal-Grafik positioniert, lässt sich durch einen Klick mit der rechten Maustaste das Konfigurationsfenster für das jeweilige Manual bzw. Pedal öffnen.5) Nach Anklicken der Schaltfläche Detect complex MIDI setup muss jeweils der tiefste und der höchste Ton des Manuals angeschlagen werden, damit die Hardware registriert wird.


Manual mit (nur) 49 Tasten, also vier Oktaven.
Ein normales Orgel-Manual hat fünf Oktaven; die höchste Taste hätte dann hier den Wert 96.

Die Erfahrung zeigt, dass es gut ist, dabei die Kleinste Anschlagstärke6) auf 1 und die Höchste Empfindlichkeit7) auf 127 zu stellen8). Bei den Tastenbezeichnungen entspricht der Wert 60 der Note C4 (internationale Bezeichnung) bzw. c‘ (deutsche Bezeichnung), die auch als Schlüsselloch-C bezeichnet wird; jeweils 12 (Halb-)Töne entsprechen einer Oktav und der Wert 72 damit der Note C5 bzw. c‘‘. Und dann nicht vergessen: Damit Orgeltöne erklingen, müssen die entsprechenden Register gezogen werden; das ist auch bei einer echten Pfeifenorgel so.

Splitten der Keyboard-Tastatur

Über die Konfigurationsfenster ist auch ein Splitten der Keyboard-Tastatur möglich, wie man es auch von normalen E-Pianos kennt. Dazu werden zwei logische Keyboards – wie sie auf der Bedienoberfläche von GrandOrgue dargestellt werden – zwei Bereichen der gleichen Hardware-Tastatur zugeordnet; damit das richtig funktioniert, muss auch die Transponierung der Tasten entsprechend eingestellt werden; zwölf (Halb-)Tonschritte entsprechen – wie schon erwähnt – einer Oktav. Transponiert man bei einem Keyboard mit vier Oktaven Tonumfang – solche Keyboards haben 49 Tasten – die rechte Hälfte um eine Oktav nach unten und die linke Hälfte um eine Oktav nach oben, „passt“ alles.



Hier sind die beiden Hälften eines Keyboards zwei Manualen zugeordnet.
Zu sehen sind links die Konfiguration für das erste und rechts die Konfiguration für das zweite Manual.
In beiden Fällen muss transponiert werden.

[Manual001]
MIDIChannel001=1
MIDIDevice001=Q49 506CADD1:0
MIDIEventType001=Note
MIDIKeyShift001=12
MIDILowerKey001=36
MIDILowerLimit001=1
MIDIUpperKey001=59
MIDIUpperLimit001=127
NumberOfMIDIEvents=1
NumberOfMIDISendEvents=0
[Manual002]
MIDIChannel001=1
MIDIDevice001=Q49 506CADD1:0
MIDIEventType001=Note
MIDIKeyShift001=-12
MIDILowerKey001=60
MIDILowerLimit001=1
MIDIUpperKey001=84
MIDIUpperLimit001=127
NumberOfMIDIEvents=1
NumberOfMIDISendEvents=0

Live-CD

Auf den Download-Seiten von GrandOrgue findet sich auch das ISO-Abbild einer Live-CD auf der Basis von SuSE-Linux. Diese Live-CD ist eine gute Idee, wenn man „schnell einmal“ GrandOrgue ausprobieren und ein „Gefühl“ für das Programm bekommen möchte.

Leider sind die Konfigurationsfenster der Live-CD etwas weniger anwenderfreundlich als die Konfigurationsfenster der Normalversion; die verschiedenen Werte lassen sich zwar verändern, den aktuellen Wert sieht man allerdings nicht. Im Zweifelsfall bewährt es sich deshalb, den Konfi­gurations­vorgang einfach komplett zu wiederholen. Zum wirklich gezielten Eingreifen muss man notfalls die Konfigu­rationsdatei mit einem Texteditor bearbeiten. Ganz wichtig ist, dass auch bei der Live-CD gilt: Nur wenn Register gezogen sind, gibt es einen Ton.


Konfigurationsfenster der Live-CD

Sinnvoll ist es, ausgehend vom ISO-Abbild der Live-CD einen selbst-bootenden USB-Stift zu erstellen; dann speichert GrandOrgue die Konfigurationsdateien auf diesem Stift und es kann beim nächsten Mal gleich ohne Konfigurationsvorarbeiten losgehen9). Da auf dem Stift Hardware-Daten des PCs und der angeschlossenen Keyboards gespeichert werden, sollte für die Arbeit auf einem zweiten PC einer neuer USB-Stift erstellt werden.

Tricks und Kniffe

Bei meiner eigenen GrandOrgue-Installation trat immer wieder das Problem auf, dass nach einem Neustart die Hardware-Keyboards nicht wieder korrekt den logischen Keyboards des Programms zugeordnet wurden. Das passierte, obwohl die Informationen standardmäßig gesichert werden und auch exportiert werden können.

Das Problem lässt sich nach meinen Erfahrungen am besten mit einem USB-Hub umgehen, bei dem alle Anschlüsse einzeln schaltbar sind. Über diesen Hub werden alle Hardware-Keyboards mit dem Computer verbunden. Erst nach dem Hochfahren des Systems – vor dem Starten von GrandOrgue – schalte ich mit jeweils ein paar Sekunden Verzögerung in immer der gleichen Reihenfolge die USB-Anschlüsse frei. Das funktioniert und GrandOrgue ist stets sofort voll startbereit.

Fazit

Um auszuprobieren, ob einem GrandOrgue behagt, reicht schon ein einfaches MIDI-Keyboard. Ein solches Gerät mit USB-Anschluss und fünf Oktaven ist schon für rund einhundert Euro zu haben. GrandOrgue macht zusammen mit einem solchen Keyboard jeden PC, der über Lautsprecher verfügt, zu einem Keyboard-Ersatz mit Orgel-Sound. Wer schon ein Keyboard mit MIDI-Out-Anschluss sein eigen nennt, braucht – noch preiswerter – nur einen USB-MIDI-Adapter, um zu testen, ob ihm GrandOrgue das Instrument seiner Wahl beschert.

Entscheidet man sich für ein Fußpedal, braucht man erst einmal Geld und dann Platz. Orgelvollpedale mit MIDI-Anschluss bekommt man, wenn sie werkstattneu sind, erst ab rund 1000 Euro. Es lohnt sich also, nach einem gebrauchten MIDI-Vollpedal Ausschau zu halten. Wer es sich zutraut, kann auch sparen, indem er bei einem normalen Fußpedal die MIDI-Elektronik selbst einbaut. Entsprechende Bausätze hält der Elektronik- bzw. Instrumenten-Fachhandel bereit.

Talentierte Heimwerker sind auch bei der Orgelbank und dem Gestell, auf dem die Keyboards ihren Platz finden, durchaus im Vorteil. Ein Selbstbau fordert sicher einiges an Planungsarbeit, senkt dann aber dafür auch erheblich die Kosten.

Bleibt noch der Computer. Für meine Ansprüche reicht bisher das ansonsten ausrangierte Netbook. Seit ich meine Orgel nutze, plane ich, das Netbook durch ein aktuelles Notebook zu ersetzen, am besten mit SSD, um den Start zu beschleunigen. Ich habe GrandOrgue auch mit anderen PCs getestet und kann sagen: Es klappt. Trotzdem ist bei mir weiter das Netbook am Start – aus Tradition.

Quellen und Links

https://sourceforge.net/projects/ourorgan/
http://grandorgue.de/
https://software.opensuse.org/download/package?project=home:e9925248:grandorgue&package=grandorgue
http://download.opensuse.org/repositories/home:/e9925248:/grandorgue/
https://de.wikipedia.org/wiki/GrandOrgue
https://m-doerfer.jimdo.com/

Fußnoten

0 Informationsstand Januar 2019 - Alle Angaben ohne Gewähr
1 vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Orgel , abgerufen 04.10.2018
2 Beim Komponieren und Arrangieren kann die MIDI-Schnittstelle den Notizzettel ersetzen, auf dem der Musiker seine Ideen notiert. Keyboards der gehobenen Preisklasse bringen dazu oft eine USB-Schnittstelle mit, über die wahlweise per MIDI die Partitur oder über Sounddateien der erzeugte Klang zum Abspeichern ausgegeben werden kann.
3 Die MIDI-IN-Schnittstelle, über die viele dieser Instrumente auch verfügen, erlaubt es, an das elektrische Piano weitere Manuale, ein Fußpedal oder auch ein ganz anderes MIDI-Instrument anzuschließen und so Verstärker und Lautsprecher des Pianos für diese Instrumente zu nutzen.
4 Die für Debian bzw. Ubuntu vorbereiteten Software-Pakete im deb-Format findet man interessanterweise auf einem SuSE-Server: https://software.opensuse.org/download/package?project=home:e9925248:grandorgue&package=grandorgue .
5 Alternativ gelangt man über Audio/MIDI – MIDI Objects, dann Auswahl von Manual/First Manual, Manual/Second Manual oder Manual/Pedal und schließlich configure ebenso in diese Konfigurationsfenster.
6 in der Konfigurationsdatei: MIDILowerLimit001
7 in der Konfigurationsdatei: MIDIUpperLimit001
8 Stellt man dir Kleinste Anschlagstärke auf 0, gibt es einen Dauerton, sobald die entsprechende Taste einmal angeschlagen wurde.
9 Da auf dem Stift Hardware-Daten des PCs und der angeschlossenen Keyboards gespeichert werden, sollte für die Arbeit auf einem zweiten PC einer neuer USB-Stift erstellt werden. Auf https://sourceforge.net/projects/ourorgan/files/GOLive/ heißt es dazu: „After you boot from the USB stick, it will start GrandOrgue with the demo set loaded automatically. The remaining space will be used to store setting across reboots and allow you to install other samplesets. At the first boot, the USB stick is adjusted for that computer. Therefore it is not recommend to boot one USB stick on multiple computers.“


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